WDVS mit Brandschutzputz im Test
Mit Dämmplatten ausgekleidete Fassaden und Dächer bringen oftmals einen erheblichen Nachteil mit sich: Sie sind leicht entflammbar. Ein spezielles Wärmedämm-Verbund (WDV)-Sanierungssystem könnte diese Gefahr reduzieren.
Fraunhofer UMSICHT hat ein mit diesem Brandschutzputz aufgerüstetes WDV-Sanierungssystem auf seine Eignung hin getestet.
Seit 1993 wurden nach Angaben des Fachverbands Wärmedämm-Verbundsysteme (WDV) etwa 770 Millionen Quadratmeter Dämmplatten an deutschen Häusern verarbeitet. Das entspricht einer Fläche, die größer ist als die von Hamburg. Hartplatten oder elastischen Schaumstoffe auf Basis von petrochemischen Kunststoffen sind günstig zu produzieren, einfach zu verarbeiten und besitzen gute Isolationseigenschaften. Einer der größten Nachteile von Polystyrol-Hartschaum (EPS oder XPS) ist jedoch dessen leichte Entflammbarkeit. Um eine geschossübergreifende Brandausbreitung zu verhindern, werden Wärmedämmverbundsysteme (WDVS) auf Polystyrol-Hartschaumbasis daher meist mit Flammschutzmitteln versetzt und mit Brandriegeln und Sturzschutzen versehen. Im Falle eines Vollbrandes können die Dämmplatten aber trotz dieser Schutzmaßnahmen erweichen oder aufschmelzen und unter hoher Wärmeentwicklung brennt selbst schwer entflammbares EPS vollständig ab.
WDVS im Brandversuch
Fraunhofer UMSICHT hat vor diesem Hintergrund einen neuartigen Brandschutzputz auf seine Eignung im Einsatz an WDV-Systemen hin untersucht und dessen Temperaturverläufe im Brandfall gemessen. Bei dem System handelt es sich um einen mineralischen Brandschutzputz auf Perlitbasis nach DIN 4102 mit einer geringen Dichte und Wärmeleitfähigkeit. Klassische Putze weisen hingegen eine um den Faktor zehn höhere Wärmeleitfähigkeit und entsprechend höhere Dichten auf. Für die Branduntersuchungen haben die Wissenschaftler den Brandschutzputz Branelit® Plus in zwei aufgebrachten Putzstärken untersucht und jeweils mit unertüchtigten WDV-Fassadenelementen verglichen. Hierbei wurde auf eine Polystyrolbasis mit Armierungsgewebe und 3 mm Kratzputz jeweils eine 2,0 und 3,5 cm dicke Schicht des Brandschutzputzes aufgetragen. In den Brandversuchen wurde die Oberfläche des Systems punktuell mit einer Temperatur von 1100 °C durch einen Gasbrenner belastet. Eine Temperaturmessstelle wurde rückseitig, am Übergang Putz/Polystyrol positioniert. "In der einstündigen Messung konnten wir deutliche Unterschiede im Temperaturverlauf der verschieden aufgebauten Fassadenelemente feststellen", beschreibt Andreas Sengespeick von Fraunhofer UMSICHT. Bereits nach einer Minute wurde beim unertüchtigten WDV-System die Glasübergangstemperatur von Polystyrol, die bei 100 °C liegt, überschritten und somit die mechanische Festigkeit des Materials deutlich beeinträchtigt. Nach zwei Minuten Brandzeit ist der Schmelzpunkt von Polystyrol (240 °C) erreicht. Das Material in der WDV-Fassade schmolz und sammelte sich hinter dem Kratzputz und dem Armierungsgewebe an.
Deutliche Unterschiede im Temperaturverlauf
Im Gegensatz dazu zeigt die gleiche WDV-Fassade, die die UMSICHT-Forscher mit Branelit® Plus ausgerüstet haben, einen vollständig veränderten Temperaturverlauf. Nach einer Beanspruchungsdauer von 20 Minuten, was man als Maximalzeit bis zum Einsatz von Löschmaßnahmen annimmt, lagen die Temperaturen des Polystyrolmaterials bei 42 °C (3,5 cm Brandschutzputz) und bei 92 °C (2,0 cm Brandschutzputz). Diese Temperaturen beeinflussen die mechanische Festigkeit des Polystyrol-Hartschaums nur vernachlässigbar. Nach 60 Minuten Temperturbeanspruchung wurde beim 3,5 cm starken Brandschutz eine Polystyroltemperatur von 80 °C und beim 2,0 cm stark aufgebrachtem Brandschutzputz eine Temperatur von 130 °C gemessen. Das getestete WDVS des Herstellers Proceram GmbH & Co. KG ermöglicht somit im Vergleich zu unbehandelten Wärmedämm-Verbundsystemen eine erhöhte Widerstandsfähigkeit im Brandfall.
Quelle: Fraunhofer UMSICHT