Wie erhält man umweltschonend „saubere“ Fassaden?
"Die Eingangsfassade ist die Visitenkarte eines Hauses", so lautet ein bekannter Spruch unter Hausbesitzern. Während ein mangelhafter Wärmeschutz ihr in der Regel nicht anzusehen ist, beeinträchtigen Schmutzablagerungen und Verfärbungen das Gesamterscheinungsbild eines Gebäudes.
Eine entsprechend "unsaubere" Fassade empfinden deshalb viele Hausbesitzer als optischen Makel.
Sicherlich ist der Anspruch an eine saubere Außenwand dabei von Mensch zu Mensch verschieden. Dass eine Fassadenendbeschichtung, ob nun Putz, Anstrich oder Verkleidung, mit der Zeit aufgrund von Witterungs- und Umwelteinflüssen ihren "Glanz" verliert, versteht sich von selbst. Wie unsere Haut ist sie als Teil der Gebäudehülle durch natürlichen Substanzverlust einem Alterungsprozess ausgesetzt.
So wird beispielsweise eine Putzoberfläche mit der Zeit zunehmend rauer und von haarfeinen Rissen durchzogen. Dadurch ist außer dem Eindringen von Feuchtigkeit im Laufe der Zeit vermehrt mit Schmutzablagerungen auf der Oberfläche zu rechnen.
Noch ärgerlicher als Schmutz finden Hausbesitzer die Ansiedlung von Mikroorganismen wie Algen und Pilze auf der Fassade. Die eine grünliche Verfärbung der Wandoberfläche verursachenden Grünalgen können praktisch auf fast allen Untergründen gedeihen. Sie "leben" von Wasser und Photosynthese und bilden dabei ein gallertartiges Milieu, auf dem sich dann auch Pilze "wohlfühlen".
Für den Befall sind neben einem hohen Feuchtigkeits- und Nährstoffangebot fördernde Umwelteinflüsse wie die Nähe zu Bäumen und Gewässern verantwortlich. Auch der in den letzten zwei Jahrzehnten konstatierte Klimawandel mit milderen Wintern und feuchtwarmen Sommern begünstigt das Auftreten von Algen und Pilzen.
Angesichts des zunehmenden Befallrisikos ist es für den Hausbesitzer sinnvoll, sich schon in der Planungsphase eines Neubaus oder einer Fassadensanierung mit diesem Problem zu beschäftigen. Die übliche vorbeugende Maßnahme stellt die Verwendung von biozidhaltigen Endbeschichtungen dar.
Biozide behindern durch ihre toxische Wirkung das Ansiedeln und Wachstum von Algen und Pilzen. Sind die enthaltenen Biozide mit einem Bindemittel umhüllt und somit "verkapselt", werden sie auch nur in geringem Umfang durch Niederschläge aus einer Fassade ausgewaschen. Dies ergab ein entsprechendes Forschungsprojekt des renommierten Fraunhofer-Instituts.
Trotzdem ist die Skepsis gegenüber Anstrichen mit bioziden Inhaltsstoffen gerechtfertigt, denn sie gefährden auch in kleinen Mengen schon Gesundheit und Umwelt. Zudem ist ihre Schutzwirkung zeitlich begrenzt. So sieht es auch das Umweltbundesamt. Es bietet Hausbesitzern unter der Internetadresse umweltbundesamt.de/themen/strahlend-saubere-hausfassaden-ohne-giftige-biozide umfangreiche Informationen zu dem Thema sowie Alternativen an.
Durch die Verlinkung zu Merkblättern hilft die Website zudem auch Planern und Verarbeitern, die richtigen biozidfreien Maßnahmen gegen Algen- und Pilzbildung zu treffen.
Es geht nämlich auch ohne Biozide, wenn man die Risikofaktoren, minimiert. Eine zentrale Voraussetzung ist, die dauerhafte Feuchte auf der Wandoberfläche zu verhindern. Dafür Dabei gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Neben konstruktiven Maßnahmen wie weite Dachüberstände empfehlen Baufachleute oft, statt einer hydrophoben, bioziden Endbeschichtung austrocknende hydroaktive Putze zu verwenden. Hierbei wird Feuchtigkeit aus Schlagregen oder Tauwasser von einem kapillaraktiven Putz aufgesaugt sowie zwischengespeichert und in regen- und taufreien Perioden des Tages durch Verdunstung wieder abgegeben.
Sehr interessant ist auch eine relativ neue Farbenentwicklung, die im Gegensatz dazu auf hohe Wasserabweisung setzt. Dabei werden Erkenntnisse aus der Biologie genutzt und auf die (Farben-)Technik übertragen. Diese noch junge Wissenschaft wird als Bionik bezeichnet. Die notwendige Inspiration gab in diesem Fall ein kleiner Käfer der Namib-Wüste, der Tauwasser durch seinen mikrostrukturierten Rückenpanzer direkt in sein Maul rinnen lässt. Die auf Mikrostrukturen aufbauende Oberfläche der neuen Farbe reagiert ähnlich. Sie erreicht, dass sich Regen und insbesondere Tau nicht ansammeln können sondern schnell abgeführt werden. So bleibt die Fassadenoberfläche dauerhaft trocken und sauber.
Und was macht der Hausbesitzer, wenn die Fassade schon "grünt"? Wer eine Verfärbung nicht akzeptieren will, muss natürlich erst einmal die befallene Fassade gründlich reinigen. Ist der Befall relativ frisch, lässt sich der Algen- oder Pilzbefall noch relativ einfach nass abwischen oder abbürsten. Bei einer intensiven und schon länger vorhandenen Vergrünung erfolgt die Reinigung am effektivsten durch eine renommierte Fachfirma. Denn der Umgang mit den diversen Reinigungsgeräten erfordert Erfahrung. So darf der Algenbefall z. B. bei einem Putz bei der Reinigung mit Hochdruckreinigern nicht in die Kapillaren der Beschichtung hineingedrückt werden. Außerdem muss die gereinigte Wandfläche vor der Grundierung und dem folgenden Schlussanstrich fachgerecht desinfiziert werden. Die Desinfektion ist dann allerdings wieder mit dem Einsatz von Bioziden verbunden.
Festzuhalten bleibt, dass trotz der Fortschritte bei der Entwicklung biozidfreier Beschichtungen zur Vermeidung von Grünbildung ein absoluter Schutz nicht garantiert werden kann. Mein Ratschlag an Hausbesitzer lautet, eine Vergrünung nicht übermäßig zu dramatisieren. Sie sieht nicht schön aus, beeinträchtigt aber nicht die bauphysikalische Funktionsfähigkeit der Wand.
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