Wenn man die Diskussion in manchen Medien verfolgt, könnte man meinen, dass moderne Wärmedämmverbundsysteme eine Gefahr für Leib und Leben darstellen. Denn, so der Vorwurf, sie seien „Brandbeschleuniger“ und könnten Hausbrände verschlimmern.

Natürlich darf man die Gefahren beim Brand eines Hauses, ob nun mit oder ohne Wärmedämmverbundsystem (WDVS), nicht verharmlosen. Doch die Hysterie, die die Debatte begleitet, sollte einer fundierten, fachlichen Diskussion weichen.

Beim Brandschutz entscheiden die Vorschriften darüber, wie gut oder schlecht er tatsächlich ausfällt. Und die DIN 4102, mit der in Deutschland das Brandverhalten von WDVS geprüft wird, legt die Messlatte bei den Standards sehr hoch. Sie definiert genau, welcher Baustoff wie verwendet werden darf und welche Zusatzmaßnahmen bei welchen Stoffen getroffen werden müssen, z.B. der Einbau von Brandschutzriegeln bei Gebäuden mit mehr als drei Geschossen oder die zusätzliche Verkleidung von Außenwandöffnungen. Das unabhängige Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt), das für die Überwachung der Vorschriften zuständig ist, hat dazu zahlreiche Brandversuche durchgeführt und die ausreichende brandschutztechnische Qualität von WDVS nachgewiesen. Die Regeln sind wohl nirgendwo so umfassend und streng wie in Deutschland.

Wärmedämmverbundsysteme (WDVS) aus Polystyrol legen natürlich ein anderes Brandverhalten an den Tag als solche aus Mineral- oder Glaswolle. Aber selbst der Vizepräsident des Deutschen Feuerwehrverbandes, Hartmut Ziebs sagt: „Wenn WDVS aus Polystyrol ordnungsgemäß eingebaut sind, dann sind sie auch im Brandfall beherrschbar“. Eine beschleunigte Brandausbreitung wird bei einem von außen komplett verputzten WDVS mindestens 20 Minuten lang wirksam verhindert. Dieser Zeitraum wird von allen schwer entflammbaren WDVS - zu denen auch Polystyrol-Systeme zählen - bei Prüfungen erreicht. Damit sind die bauaufsichtlich definierten Schutzziele sichergestellt.

Wem das nicht ausreicht und wer noch sicherer gehen will, kann auf nichtbrennbare Materialien wie z.B. Mineralwolle zurückgreifen. In der Regel muss man dann aber auch tiefer in die Tasche greifen. Letztlich geht es auch um die Frage, wie viel uns die Gebäudesanierung wert ist, die ja nicht nur zum Klimaschutz beiträgt, sondern gleichzeitig sicherer macht gegen steigende Energiekosten, die das Gebäude für viele Jahre gegen Witterungseinflüsse schützt, den Komfort für die Bewohner verbessert und schlussendlich auch noch den Immobilienwert beziehungsweise Wiederverkaufswert erhöht.

Wer also über eine Dämmung seines Hauses nachdenkt, sollte sich nicht verunsichern lassen. Dämmen ist sinnvoll und sicher. Auf Landes-, Bundes- und Europäischer Ebene, ist die Einhaltung von Klimaschutzzielen ohne Dämmung unseres alten Gebäudebestandes gar nicht denkbar. Und keinen Klimaschutz zu betreiben ist angesichts des drohenden Klimawandels und der damit verbundenen verheerenden weltweiten Auswirkungen keine Alternative. Alle Bemühungen von Politik, Wirtschaft und privaten Eigentümern den Wärmeschutz unserer Gebäude zu verbessern, sollten daher in diesem Sinne nicht nachlassen sondern eher intensiviert werden.

 

Kommentare  

Wie hoch ist das Brandrisiko von WDVS mit Styropor tatsächlich? » Wärmedämmverbundsystem | Info Montag, 06. Mai 2013 16:46
[...] Schüle hat zum Brandschutz von WDVS mit seinem Blog-Beitrag „Beim Brandschutz sind die Vorschriften entscheidend“ schon eine lebhafte Diskussion angestoßen, wie die zahlreichen Kommentare zeigen. Das Thema ist [...]
Hans-Gerd Heye Mittwoch, 13. März 2013 10:12
Es ist richtig, dass Dämmplatten aus Polystyrol derzeit sowohl als schwerentflammbar (B1 - nach DIN 4102) als auch als normal entflammbar (E – nach Europäischer Norm EN 13501) klassifiziert sind. Dies liegt an zwei im Kern unterschiedlichen Brandprüfverfahren. Diese beiden Prüfverfahren existierten in der Vergangenheit parallel nebeneinander. In Kürze ist nur noch die Prüfung nach Europäischer Norm maßgeblich. Bezogen auf unterschiedlichste Baustoffe bedeutet dies, dass die Klassifizierung nach Europäischer Norm in einigen Punkten weniger streng, in anderen Punkten strenger als die bestehende deutsche Norm ausfällt. Zum Beispiel können organisch beschichtete Mineralwolle-Systeme jetzt nach Europäischer Norm als nicht brennbar eingestuft werden, was unter der deutschen Norm nicht möglich war. Die Änderungen bei der Klassifizierung (von B1 nach E) betreffen lediglich unverarbeitete Polystyrol-Dämmplatten und nicht fertig verarbeitete Wärmedämm-Verbundsysteme auf Polystyrol-Basis. Letztere werden auf jeden Fall auch weiterhin nach Europäischer Klassifizierung als schwer entflammbar eingestuft.
Norbert Hüsson Donnerstag, 07. März 2013 22:30
Trotz mehrfacher Anläufe - auch bei der herstellenden Industrie - habe ich bisher keine Antwort auf meine nachstehende Frage erhalten: Nach europäischer Baustoff-Norm gilt Styropur als "normal entflammbar." Europarecht bricht Landesrecht?! Verstoßen wir beim Einbau gegen europäisches Recht? Wenn ein Kunde nach einem Brand bis zum EuGH klagt - und Recht bekommt - zahlt die Haftpflicht ?
Jürgen Bürger Samstag, 05. Januar 2013 12:05
Was mich an der Seriösität des deutschen Zulassungssystems zweifeln lässt, ist die Tatsache, dass vom DiBt jüngst einen Brandriegel (!!) aus EPS der Baustoffklasse B2 zugelassen wurde. Also von den 5 Brandschutzklassen A1 A2 B1 B2 B3 die zweit-schlechteste Klasse.... Als Brandriegel! Ich habe gehört, dass die Zulassung im August 2012 beantragt und bereits im Oktober 2012 gewährt worden sein soll. Stimmt das? Andere Firmen, zum Teil mit genialen Alternativen zu Styropor (und mit hohem gesellschaftlichen Nutzen) warten endlos auf ihre Zulassung....
Bernd Dechant Donnerstag, 10. Januar 2013 00:09
Wie ich schon in einem Beitrag weiter oben angedeutet habe ist die Verfahrensweise so, dass sich ein verantwortlicher der Herstellerindustrie samt Scheckbuch an eine Uni oder ein Institut wendet und dort einem "Professor" oder einem "Dr. Dr. Dr. Ing." erklärt wie das Ergebnis des Testes lauten soll. Dann wird dort so lange im Labor geforscht bis ein Test gefunden wurde der das gewünschte Ergebnis widerspiegelt. Nicht mehr und auch nicht weniger. Wer meint, dass die Industrie "auf gut Glück" von Uni´s oder Instituten prüfen lässt und zuhause das Ergebnis abwartet ähnlich wie "Stiftung Warentest" bei einem Haarshampoo kann das voll vergessen. Geld regiert die Welt. Und mit den entsprechenden Prüfungen gibts dann Zulassungen. Und wer selber als Handwerker nicht mehr nachdenkt und sich auf Zulassungen verlässt, wird spätestens dann wenns "schief" gegangen ist merken, dass die ganze Zulassung nur Makulatur ist, man hat sie eh nicht gelesen. ODER?
Maximilian Sachs Sonntag, 09. Dezember 2012 17:19
Ich habe diese Seite mit all ihren Beiträgen und Kommentaren sorgfältig durchgelesen und kann hierbei sowohl den Pro´s als auch den Kontra´s zustimmen. Derzeit schreibe ich meine Diplomarbeit, die sich eben genau mit diesem Thema befasst. Zu allererst sollte mal gesagt werden, dass es keinen 100% Brandschutz gibt. Auch kann nicht verhindert werden, dass Brände ausbrechen. Die Stabilität, Tragwerksstruktur etc. muss solang durchhalten bis die Feuerwehr da ist. Diese Rüstzeit der Feuerwehr beträgt in Deutschland 7min und diese Zeit wird eingehalten bei den jeweiligen Versuchen. Wenn ein WDVS richtig verputzt und eingebaut ist, hält es sogar 20min. Das Problem bei WDVS mit EPS liegt eher darin, dass das Material schmilzt sich auf dem darunterliegenden Sturz sammelt. Dort entsteht ein See aus flüssigem EPS. Nach einer Weile ist dann bei eben diesem genannten Sturz die Tragfähigkeit nicht mehr gegeben die Flammen können eindringen und es folgt eine Explosion auch flash over genannt. Was evtl zum Vorwurf gemacht werden könnte, ist dass der Brandriegel nicht ausreichend dick konstruiert wurde.
Bernd Dechant Mittwoch, 09. Januar 2013 23:42
Fakt ist, Styropor brennt, schmilzt, schmiert ab und das sehr schnell und unkontrolliert. Im Brandversuch in Braunschweig NDR 45min waren keine 5 Minuten vergangen und die Sache tropfte ab. Andere Sache: Baustelle (Neubau) in Frankfurt ist abgebrannt. Diese war nur teilweise Gewebearmiert mit Gerüst noch dran. Gelagertes Styropor hatte Feuer gefangen. Ganze Fassade hat dabei Feuer gefangen. Die Feuerwehr war entsetzt. Darüber nachgedacht was man alles ändern und hinbiegen muss um Styropor auf "Schwer entflammbar" zu trimmen haben bezahlte Professoren an den Uni´s mit Bravour hinbekommen. Aber die Praxis ist halt nicht beeinflussbar und die Wahrheit liegt jetzt offen und kann nicht mehr unter den Teppich gekehrt werden. In dem Schmurgeltest den die Professoren für Schwer entflammbar kreiert haben, würde man da anstatt Styropor Holzklötze einlegen, wäre wohl das Ergebnis dieser Professoren: Holz ist unbrennbar. Holz brennt aber, und das weis jeder. Darüber nachdenken wie man jetzt Styropor als Dämmstoff noch schön reden kann ist wohl oder übel aussichtslos geworden. Es gibt genügend andere Alternativen. Mineralfaser - Dämmputz usw. Einfach die nehmen und fertig.
Heike Marcinek Mittwoch, 28. November 2012 18:28
Im NDR Bericht wird dargestellt, dass der in Deutschland nach entsprechnder Norm vorgeschriebene Brandschachtversuch in Expertenkreisen nicht als sinnvoll angesehen werde. Gleiche WDVS Systeme würden bei Versuchen nach EU Norm in eine andere -nämlich schlechtere- Brandklasse eingeordnet werden. Auch wenn der Anteil der Brände bei Fassaden mit WDVS an allen Bränden verschwindend gering ist, stellt sich die Frage, warum es in der Normung diese Unterschiede gibt und wie dies einzuordnen ist. Im Bericht wird angedeutet, dass es an der Einflussnahme der Unternehmen bei der Ausgestaltung der Normung liege. Können Sie was dazu sagen? DiBt sieht keinen Anlass einer Überprüfung der Verfahren.
Manfred Görg Dienstag, 27. November 2012 11:24
Grundsätzlich sehe ich in den vielen Beiträgen zum sog. "Dämmwahn" auch eine Kampagne, die aus dem Skandalisierungsdrang der Medien gespeist wird. Rainer Schüle, den ich ansonsten schätze, macht es sich hinsichtlich des Brandverhaltens von WDVS jedoch etwas zu einfach, wenn er auf die bauaufsichtlchen Anforderungen verweist und zudem erklärt, dass "die Regeln wohl nirgendwo so umfassend und streng wie in Deutschland" sind. Nachdem ich gestern Abend im NDR den Film "45 Min. - Wärmedämmung - Der Wahn geht weiter" (http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/45_min/index.html) gesehen habe, bin ich da doch sehr ins Zweifeln geraten. Da drängt sich doch sehr stark der Verdacht auf, dass die Dämmstoffindustrie hier in Deutschland maßgeblich die gesamten Brandschutz-Prüfbedingungen so beeinflusst hat, dass die angestrebte Einstufung von Polystyrol als "schwer entflammbar" herauskommen konnte bzw. musste. Im Ausland werden nach diesem Bericht derartige WDVS als "normal entflammbar" eingestuft. Wenn hier von Seiten der Dämmstoffindustrie tatsächlich in dieser Weise Einfluß genommen wurde und wird, sollten wir nicht in Nibelungentreue an ihrer Seite stehen, sondern uns an der kritischen Aufklärung des Sachverhalts beteiligen und uns für Alternativen einsetzen.
Rainer Schüle Freitag, 30. November 2012 17:24
Ich muss zugeben, dass ich nicht wirklich weiß, wie groß der Einfluss der Dämmstoffindustrie auf die Brandschutz-Prüfbedingungen ist. Klar ist, dass das DIBt mit der Wirtschaft zusammenarbeitet. Und klar ist auch, dass Polystyrol brennt bzw. bei hohen Temperaturen flüssig wird. Durch den fachgerechten Einbau kann nur eine Zeitspanne überbrückt werden, die für die Feuerwehr für Lösch- und Rettungszwecke einzuhalten ist. Dabei die Expertise der Industrie einzubinden halte ich nicht per se für verwerflich. Klar ist auch, dass es Alternativen zu Polystyrol gibt, die nicht brennbar sind. Allerdings liegen diese Materien im Preis höher und haben daher derzeit einen wesentlich kleineren Marktanteil. Dass Wärmeschutz in unserem überwiegend alten Gebäudebestand eine zentrale Rolle für zukünftige Klimaschutzziele spielt, steht ausser Frage. Und die Wärmedämmung insgesamt in der Art der NDR-Sendung zu verteufeln, halte ich daher für sehr bedenklich. Ungeachet dessen sollten m.E. die unterschiedlichen Normen und Vorschriften ständig überprüft, weiter verbessert und auf bundes und EU-Ebende harmonisiert werden.
Silke Thole Dienstag, 27. November 2012 12:30
Hallo Herr Görg. Zum der NDR-Doku von gestern gibt es auch einen Blog-Beitrag. Sie finden ihn hier: https://wdvs.enbausa.de/blog/der-wahnsinns-journalismus-geht-weiter.html Silke Thole

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