Wohnbaugesellschaft erkennt keine Passivhaus-Vorteile

15. Oktober 2015

Die GWW Wiesbadener Wohnbaugesellschaft mbH hat auf einem Grundstück Mehrfamilienhäuser in verschiedenen Energieeffizienzstandards errichtet, um die Kosten vergleichen zu können. Die erste Zwischenbilanz fällt nüchtern aus.

„Den höheren Baukosten, die für ein Passivhaus aufgewendet werden müssen, stehen bislang kaum messbare  Einsparungen bei den Betriebskosten gegenüber“, so GWW-Geschäftsführer Hermann Kremer. „Der Stromverbrauch der beiden Passivhäuser ist sogar deutlich höher als bei den EnEVHäusern.“ Das Modellprojekt stößt bundesweit auf starkes Interesse, weil zum ersten Mal Gebäude miteinander verglichen werden können, die hinsichtlich ihrer Lage, der Ausrichtung, Abmessungen sowie Anzahl und Verteilung der Wohnungen identisch geplant sind und sich nur durch die Baustandards voneinander unterscheiden. Die GWW investierte in den Bau der acht Wohnhäuser, die im KfW-55-, im EnEV-2009- und im Passivhausstandard errichtet wurden, rund 11 Millionen Euro.

Bereits während der Bauphase zeichnete sich ab, dass die Baukosten zwischen den einzelnen Standards stärker auseinanderdriften als ursprünglich angenommen. So liegen die Baukosten für die Passivhäuser, die im Zuge des GWW-Modelprojektes entstanden sind, um 13,5 Prozent über den Häusern, die nach der EnEV 2009 gebaut wurden. „Das macht bezogen auf den Quadratmeter eine Differenz von rund 250 Euro aus“, erläutert Hermann Kremer. Die ursprüngliche Kalkulation ging von Mehrkosten in Höhe von maximal 12 Prozent aus. Im Vergleich dazu, blieb der finanzielle Mehraufwand für den Bau der vier Wohnhäuser, die den KfW-Standard 55 erfüllen, mit etwa 2 Prozent in einem überschaubaren Rahmen. „Gleichwohl können die KfW-Wohnhäuser nicht in der Gesamtbetrachtung des Modellprojekts berücksichtigt werden, weil sie hinsichtlich der Lage und Ausrichtung nicht mit denen der Passiv- und EnEV-Häuser vergleichbar sind“, erläutert GWW-Chef Kremer den bundesweit einmaligen Versuchsaufbau.

Kaum Interesse an Passivhäusern, hoher Aufklärungsbedarf

Ende 2013 wurden die Häuser bezugsfertig. Die Vermarktung der Passivhäuser war jedoch - wider Erwarten - kein Selbstläufer. „Es gab nur sehr wenige, die sich gezielt für eine Passivhauswohnung interessiert haben“, so die Erfahrungen von Katja Schiedung, Leiterin des verantwortlichen Kundenteams. Vielmehr bestand bei den meisten Interessenten ein sehr großer Aufklärungsbedarf. Aus diesem Grund wurde für die Mieter der Passivhauswohnungen auch noch mal alle relevanten Informationen über das Nutzungsverhalten in Schriftform zusammengefasst und mit Unterzeichnung des Mietvertrages ausgehändigt. „Trotzdem ergaben sich für viele Mieter nach ihrem Einzug immer wieder konkrete Verständnisfragen an unsere Techniker bezüglich des richtigen Heiz- und Lüftungsverhaltens“, berichtet Teamleiterin Schiedung.

Kaum Verbrauchsunterschiede erkennbar

Nach dem ersten Betriebsjahr der Wohnhäuser lässt sich noch kein signifikanter Unterschied zwischen den Energieverbrauchswerten der verschiedenen Wohnhäuser feststellen. Ganz im Gegenteil! „Der Heizenergieverbrauch ist in den Passivhäusern zwar niedriger als in den EnEV-Häusern. Doch dafür ist der Stromverbrauch deutlich höher“, erläutert der GWWGeschäftsführer.
Die Vorteile eines Passivhauses seien damit gegenwärtig noch nicht erkennbar, so ein erstes Zwischenfazit. „Würde man den Energieaufwand für die Herstellung der dickeren Dämmung, der dreifach Verglasung und so weiter, die beim Bau eines Passivhauses anfallen, in der Gesamtbetrachtung noch entsprechend berücksichtigen, fiele die Energiebilanz der Passivhäuser deutlich schlechter aus, da den erheblichen Mehraufwendungen kaum Einsparungen gegenüber stehen“, ergänzt Thomas Keller, Leiter des GWW-Geschäftsbereichs Bau/Sanierung. Aus der Auswertung der ersten Daten werde jedenfalls sehr deutlich, dass das Nutzerverhalten eine zentrale Rolle spielt und bei der Analyse der Verbrauchswerte nicht unberücksichtigt bleiben darf.

Quelle: GWW Wiesbaden

 

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