London: Unzulässige Fassadenverkleidung soll Brand beschleunigt haben

20. Juni 2017
Der Brand in London hat erneut heftige Diskussionen um Dämmung ausgelöst. Dabei hat nach ersten Erkenntnissen nicht die Dämmung die Ausbreitung des Brandes beschleunigt, sondern die verwendete Fassadenverkleidung. Diese war laut Tagesschau möglicherweise verboten. In Medienberichten, etwa bei Spiegel Online oder im Focus, wurde bereits kurz nach dem Brand umfassend über die Brandgefahr durch Dämmung mit Polystyrol berichtet. Die Aussagen beziehen sich aber in der Regel auf Mutmaßungen. Es war noch nicht klar, ob in dem Gebäude in London überhaupt Polystyrol verbaut war, wie genau die Brandvorschriften bei Hochhäusern in Großbritannien sind und ob diese eingehalten wurden.

Das Bundesumweltministerium spricht in einem Faktenblatt, das nach der Brandkatastrophe herausgegeben wurde, von einer hinterlüfteten Fassade. Der britische Guardian berichtet von einer entflammbaren Aluminium-Verkleidung mit Polyethylen-Kern als Fassadenmaterial. Das Material sei billig und werde deshalb häufig an Hochhäusern eingesetzt. Es sei auch bei anderen Hochhäusern verwendet worden, die gebrannt haben und werde für die Ausbreitung eines Brandes im australischen Melbourne verantwortlich gemacht, schreibt das Blatt weiter.

Der Guardian zitierte erste Berichte, nach denen es aufgrund einer Luftschicht zwischen Fassade und Verkleidung zu einem Kamineffekt gekommen sei, der die Ausbreitung der Flammen nach oben beschleunigt habe.

Das Bundesumweltministerium hat kurz nach der Brandkatastrophe mit einem Faktenblatt in die Diskussion eingegriffen. Darin beschäftigt sich das Ministerium unter anderem damit, wie die Vorschriften zum Brandschutz in Deutschland sind.

Hierzulande darf ab 22 Metern Höhe nicht mit brennbaren Bauprodukten gebaut werden. Bei niedrigeren Gebäuden ist bei der Dämmung auch die Verwendung von schwer entflammbaren Materialien zulässig. Um Gefahren zu vermindern, wurden im Januar 2016 die Brandvorschriften bei der Verwendung von Dämmung mit EPS verschärft. Seither sind weitere Brandriegel vor allem im unteren Gebäudebereich vorgeschrieben. Dadurch soll beispielsweise verhindert werden, dass Brände von Mülltonnen oder angrenzenden Kleinbauten wie Fahrradunterständen auf benachbarte Gebäude übergreifen.

Brandschutzexperten wiesen auf die in Deutschland ohnehin strengeren Auflagen bei verwendeten Materialien, Brandwarneinrichtungen und Rettungswegen hin. Bei Einhaltung der Anforderungen, so das Bundesumweltministerium, sei nach Expertenmeinung eine Brandkatastrophe wie in London ausgeschlossen. Dies gilt allerdings nur dann, wenn die Bauvorschriften eingehalten und dies auf der Baustelle auch überwacht wird. Das scheint in London nicht der Fall gewesen zu sein.

Von Pia Grund-Ludwig, EnBauSa.de

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