Bewertungsmethode zeigt Vorteile neben der Energieeinsparung auf
Wie sich der Nutzen einer Gebäudesanierung wirtschaftlich detaillierter bewerten lässt, zeigt eine aktuelle Studie des Building Performance Institute Europe (BPIE). Die Untersuchung enthält zudem zahlreiche Vorschläge, um Komplettsanierungen voranzubringen.
„In unserer Studie wollen wir den Zusatznutzen ermitteln, der sich durch die Energieeffizienz von Gebäuden ergibt und der über die reine Energieeinsparung hinausgeht“, erklärt Oliver Rapf, Geschäftsführer des Instituts, auf Nachfrage. Bisherige Erhebungen stellen meist die Reduktion der Energiekosten denen für eine energetische Sanierung gegenüber. Der Zusatznutzen könne jedoch beim bis zu fünffachen der direkten Energieeinsparung liegen, so Rapf zur Begründung, warum man diesen einbeziehen sollte.
Beispielsweise sei belegt, dass Gebäudenutzer höhere Innentemperaturen genießen, wenn man die Energieeffizienz der Gebäudesubstanz optimiere. Für mehr Komfort verzichte ein Teil der Nutzer also auf das volle Potenzial an Kosteneinsparungen. Diesen Wert berücksichtigen die Forscher des BPIE und setzen den erreichten Komfort teilweise als Gewinn aus einer Sanierung an.
Komplettsanierung bereits in vielen Gebäudekategorien rentabel
Die Studie setzt den Schwerpunkt auf umfassende Sanierungen bis zum Jahr 2030. So sollen die Ergebnisse bereits getroffener politischer Maßnahmen abschätzbar werden, ohne dass man sich zu sehr in Spekulationen zu Technologietrends oder zur Entwicklung von Energiepreisen begibt. Eine umfassende Sanierung an der Hülle des Gebäudes und der Heizungsanlage wäre demnach unter heutigen Bedingungen bereits für acht von 16 Gebäudekategorien rentabel. Dies gilt unter anderem für ältere Wohngebäude bis zum Baujahr 1948, Einfamilienhäuser bis zum Baujahr 1978 und zahlreiche Kategorien von Nichtwohngebäuden. Die Autoren schlagen vor, die Förderung stärker auszudifferenzieren, um diejenigen Immobilien zu erreichen, für die sich eine Sanierung nur knapp nicht lohnt.
Versuche mit Mustersanierungen und Vorfertigung
Sie raten außerdem dazu, für Quartiere mit identischen Gebäudetypen einheitliche Konzepte zu entwickeln – bis hin zur Vorfertigung. In den Niederlanden beispielsweise testet Energiesprong bereits, ob sich durch Mustersanierungen Kosten senken lassen.
Die Studie des BPIE legt Wert darauf, dass politische Hebel entwickelt werden, um Komplettsanierungen anzustoßen. „Eine der Maßnahmen die wir uns vorstellen können sind Einspeisetarife, die sich auf eingesparte Energie, also auf Effizienzmaßnahmen beziehen“, sagt Rapf. Zudem sollte seiner Ansicht nach die Heizölsteuer auf das europäische Maß angehoben werden. Dabei müssten aber die Haushalte entlastet werden, die höhere Energiepreise nicht bezahlen können.
Des Weiteren schlägt die Studie einen Investmentfonds vor, um umfassende Sanierungen voranzubringen. „Wir könnten uns vorstellen, dass man Sanierungsfälle in einem Fonds bündelt mit einer garantierten Vergütung. Wir appellieren an Finanzwirtschaft und Politik, solche neuen Instrumente zu entwickeln“, sagt Rapf.
Von Pia Grund-Ludwig