Mieter sind nach Rundumsanierung zufrieden
2012 wurden die letzten sechs von insgesamt 76 Mehrfamilienhäusern in der Essener Freisenbruch-Siedlung modernisiert. Über 20 Jahre hatte die Rundumsanierung der kompletten Siedlung gedauert. Die Mieter sind mit dem Ergebnis zufrieden.
Nach so langer Bauzeit ist es kein Wunder, dass die Verantwortlichen aus der Essener Wohnungsgenossenschaft Wohnbau eG und die betroffenen Mieter dem Ende der Arbeiten geradezu entgegen fieberten. Zieht man eine Pause von etwa fünf Jahren ab, so kommt man auf immer noch 15 ungemütliche Lärm- und-Staub-Jahre. In dieser Zeit hat das Essener Unternehmen 735 Wohneinheiten und eine Handvoll Ladenlokale für die Zukunft fit gemacht, hat die Fassaden gedämmt, Fußböden, Türen und Bäder erneuert, Treppenhäuser renoviert und Balkone saniert. Und das alles im bewohnten Zustand. Kostenpunkt: 20 Millionen Euro.
In den letzten Jahren stand dabei vor allem die Verbesserung der Gebäudehüllen durch das Anbringen von Wärmedämmverbundsystemen im Vordergrund. Voraussetzung für eine bessere Energiebilanz sei auch die Umstellung der Energieversorgung auf Gas gewesen, so Matthias Frieling, bei der Wohnbau eG als Projektleiter für Großprojekte zuständig. Noch bis Anfang der 1990er-Jahre waren gut zwei Drittel aller Wohnungen mit Nachtspeicheröfen ausgestattet. "Der Strom für die Nachtspeicherheizungen wurde direkt von den Mietern bezahlt. Aus diesem Grund können wir keine belastbaren Aussagen über Energiekosteneinsparungen machen", erläutert Frieling und ergänzt, die Mieter seien sehr zufrieden. "Die Reaktionen auf die Abrechnungen sind positiv."
Erste Pläne für den Bau der Freisenbruch-Siedlung stammen aus den 1940er-Jahren. Ein Gebiet für 1.900 Wohnungen sollte am Essener Stadtrand entstehen. Wegen des Krieges mussten die Planungen zunächst eingestellt werden. In den 1960er- und 1970-Jahren wurde die Siedlung dann als Teil der Oststadterweiterung Realität. Genau zur rechten Zeit: Nach dem Krieg erlebte die Industriestadt Essen ihre wirtschaftliche und demografische Blütezeit. Zusätzlicher Wohnraum wurde dringend gebraucht. Mehr als 730.000 Menschen lebten Ende der 1960er-Jahre in Essen, schon kurz darauf setzte der Schrumpfungsprozess ein, der bis heute anhält. Ende 2010 zählte die Stadt nur noch 574.000 Bewohner.
Der Wettbewerb um Wohnungen hat sich innerhalb von 50 Jahren in einen Wettbewerb um Mieter gewandelt. Die 1903 gegründete Wohnbau eG hält in diesem Wettbewerb recht gut mit. Wohnungsleerstand kennt das Unternehmen in Freisenbruch nicht. Das liegt auch an der guten Infrastruktur. Geschäfte, Schulen, ein Krankenhaus, ein Freibad sowie eine perfekte Anbindung an den ÖPNV sind Pluspunkte des Quartiers. Die Mieterschaft ist gemischt: junge Familien mit Kindern, Singles, ältere Paare. Viele leben schon seit mehr als 40 Jahren hier. Und selbst junge Leute bleiben dem Viertel oftmals treu und quartieren sich – mit eigenem Vertrag – unweit der elterlichen Wohnung ein.
Bei den Mietern der Freisenbruch-Siedlung gibt es eine hohe Standorttreue.
Als Genossen sind die Wohnungsnutzer Miteigentümer der Wohnbau eG, Mitsprache wird also großgeschrieben. Das machte die Sanierungsarbeiten über einen so langen Zeitraum einfacher. Baugerüste vor dem Fenster und Handwerker im Haus waren für niemanden eine Überraschung. An eigens einberufenen runden Tischen teilte das Unternehmen den rund 60 Vertretern der insgesamt 6.000 Genossenschaftsmitglieder die Pläne und Einzelschritte der Maßnahmen im Vorfeld mit. Außerdem wurde mit den Arbeiten absichtlich bei den drei Hochhäusern der Freisenbruch-Siedlung begonnen. Diese waren als einzige bereits von Anfang an mit einer Gasheizung ausgestattet, es ging also vor allem um die Fassadendämmung. Zum anderen handelt es sich um recht markante Gebäude, so das jeder sehen konnte, dass die beschlossenen Maßnahmen auch umgesetzt werden. Nach Abschluss der Arbeiten erfreuten sich gerade die drei Achtgeschosser eines unerwarteten Zulaufs. „Fahrstühle und die neuen Rampen lockten vor allem ältere Mieter an. Viele sind einfach innerhalb der Siedlung umgezogen.“
In der Freisenbruch-Siedlung entschied sich die Wohnbau eG für einen ganzheitlichen Ansatz: Die Dächer wurden neu gedeckt, sämtliche Fassaden, Kellerdecken und Dachbodenflächen gedämmt. Von Beginn an wurde auf eine hohe Qualität bei der Auswahl der Materialien und der Umsetzung der Maßnahmen Wert gelegt. An ein oder zwei Häusern gab es inzwischen Probleme mit Spechten, die Löcher in die Dämmschicht klopften, insgesamt sei die Wohnbau jedoch sehr zufrieden, sagt Frieling. Also macht die Genossenschaft weiter: 2014 sollen drei Gebäude ertüchtigt werden. Dabei sollen erstmals auch Klinkerriemchen als Fassadenbekleidung zum Einsatz kommen, auch um die Dämmung vor Spechten zu schützen. "Wir wollen das in diesem Jahr testen", sagt Frieling. Ob wirklich alle Gebäude neu eingepackt werden, muss sich noch zeigen. Frieling: "Wir schauen uns jedes Haus genau an. Da wir im Bestand nach wie vor sehr viele Nachtspeicherheizungen haben, hat die Heizungsmodernisierung Priorität. Außerdem werden die Dachböden gedämmt."