Rolf Mauer

Ökoeffektivität

Rolf Mauer, 28. April 2016

Als das ökologische Bauen in den Siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts in Deutschland seinen Anfang nahm, waren es noch Außenseiter, die sich mit diesem Thema beschäftigten. Die Ergebnisse sahen auch, mit wenigen Ausnahmen, entsprechend aus.

Heute ist Ökologie und Nachhaltigkeit Standard in der Baubranche. Aber reicht es, nur so viel zu verbrauchen, wie nachwachsen kann? Nichts anderes meint der Begriff der Nachhaltigkeit. Ist dieses gesetzte Ziel ausreichend?

Die Frage ist berechtigt. Der US-amerikanische Architekt William McDonough erklärt, „es reicht nicht, langsamer in die falsche Richtung zu gehen, es ist notwendig, sich umzudrehen, um die richtige Richtung einzuschlagen.“ William McDonough hat gemeinsam mit dem deutschen Chemiker Michael Braungart die Idee der Ökoeffektivität als Konzept einer Kreislaufwirtschaft entwickelt. In ihrem Buch „Cradle to Cradle“ (C2C, Von der Wiege bis zur Wiege) fordern Braungart und McDonough die Entwicklung von Produkten, die kontinuierlich in technischen Kreisläufen gehalten werden können.

Cradle to Cradle ist ein Konzept für eine Kreislaufwirtschaft. Materialien wie z.B. Metalle oder Kunststoffe, die als Primärrohstoffe begrenzt zur Verfügung stehen, sollen so verwendet werden, dass man sie nach der Nutzungszeit leicht voneinander trennen und wiederverwenden kann. Fassaden können beispielsweise so hergestellt werden, dass alle eingesetzten Materialien sortenrein voneinander getrennt werden können. So bleibt es möglich, alle Baustoffe als Sekundärrohstoffe erneut einzusetzen.

Wir müssen uns mit dem Gedanken befassen, dass es nicht ausreicht, „nur“ nachhaltig zu wirtschaften. Wir müssen hinterfragen, ob es uns wirklich gelingen kann, ausschließlich das zu verbrauchen, was wir nachwachsen lassen. Obwohl wir Europäer uns durchaus als Ökoweltmeister verstehen dürfen, wäre es fatal, wenn wir uns auf diesem Erfolg ausruhen würden. Ökologie kann auch nicht national oder kontinental gedacht werden, sie kann nur als weltweiter Standard funktionieren.

Die westlichen Staaten sind mit ihren Industrien Export-Weltmeister und auch als Kultur-Exporteure sind wir sehr erfolgreich. Es ist unsere Aufgabe, auch ökologisch die Führung zu behaupten und Techniken zu entwickeln, die Bauprodukte entstehen lassen, die nicht einfach nur ge- oder verbraucht werden, sondern die künftige Generationen als Rohstoff ansehen.

Wenn wir als Architekten weltweit planen und bauen, muss es dazu gehören, dass wir mit der gleichen Leidenschaft hinter der Idee der Ökoeffektivität stehen, mit der wir unsere Architekturentwürfe verfechten. Die Forderung nach Urban Mining ist wörtlich zu nehmen. Wir dürfen in Zukunft unsere Gebäude nicht mehr abreißen um mit den Resten die Müllkippen zu füllen, sondern wir werden unsere Altbauten als Wertstoff zurück an die Industrie verkaufen.

Das ist keine Fiktion, sondern hat bereits begonnen. Viele Hersteller von Verbundbaustoffen haben ihre industriellen Prozesse so umgestellt, dass die einzelnen
Bestandteile leicht voneinander getrennt werden können. In der Zukunft werden wir in der Werbung nicht mehr lesen, wie ökologisch etwas hergestellt wurde oder funktioniert, sondern wir werden lesen, wie wertvoll dieses Produkt für unsere Nachwelt ist.

Fassade
Urban Mining beginnt mit der Fassade. Wie können wir aus unseren
Bestandsgebäuden die Rohstoffe der Zukunft gewinnen? Foto: AZ

 

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