Hans-Gerd Heye

Kein Märchen: WDVS minimiert Schimmelpilzgefahr

Hans-Gerd Heye, 22. Februar 2017

Erst vor kurzem wurde ich wieder einmal mit dem Thema Schimmel konfrontiert. Da fragte mich ein Bekannter, der ein geerbtes altes Wohnhaus energetisch sanieren will, ob mit dem geplanten Wärmedämm-Verbundsystem (WDVS) auf den Außenwänden nicht die Gefahr der Schimmelpilzbildung steigen würde. Er hätte dies „irgendwo“ im Internet gelesen.

Nun ist ja bekannt, dass im Internet (wie auch in anderen Medien) auch einiger Unsinn verbreitet wird. Dass eine Wärmedämmung eines Gebäudes die Ursache von Schimmelpilzbefall sein soll, ist dafür ein besonders gutes Beispiel. Diese Behauptung erweist sich bei näherer Betrachtung nicht nur als falsch, sondern auch als irreführend, da das Gegenteil der Fall ist. Ich hatte gehofft, dass die Vorteile einer Wärmedämmung bei der Schimmelpilzverhinderung ausreichend bekannt sind. Leider gibt es sogar immer noch Menschen, denen die bauphysikalischen Fakten bei der Schimmelpilzentstehung bei ihrer Ablehnung von Wärmedämmmaßnahmen nicht in den Kram passen.

Deshalb hier in komprimierter Form noch einmal die Ursachen von Schimmelpilzbildung. Der Pilz benötigt Feuchtigkeit. Sie entsteht in Innenräumen zum Beispiel zwangsläufig, wenn sich ab einer wasserdampfgesättigten Luftfeuchte der nicht mehr aufnehmbare Wasserdampf als Kondenswasser auf einer kühlen Wandoberfläche niederschlägt. Die absolute Luftfeuchte (oder auch der maximal mögliche Wasserdampfgehalt der Raumluft) hängt dabei von der Temperatur der Raumluft ab. Je geringer die Temperatur ist, umso weniger Wasserdampf kann die Raumluft aufnehmen.

Allerdings ist eine hohe Raumlufttemperatur allein kein absoluter Schutz vor Kondenswasserbildung. So kommt es an Wandoberflächen, die eine deutlich niedrigere Temperatur als die Raumluft aufweisen, unterhalb einer spezifischen Temperatur zu lokaler Kondenswasserbildung. Der Fachmann spricht hier vom Unterschreiten des Tauwasserpunktes. Daraus folgt, dass eine zu starke Auskühlung von Bauteilen zu verhindern ist und insbesondere in Feuchträumen durch korrektes Belüften für eine moderate Luftfeuchte zu sorgen ist.

Die Außenwand ist wegen möglicher äußerer Feuchteeindringung sowie erhöhter Auskühlungsgefahr ein besonders schimmelgefährdetes Bauteil. Ein WDVS sorgt gegenüber der ungedämmten Außenwand für eine höhere Temperatur auf der Wandinnenseite. So bleibt bei einer ausgeglichenen Luftfeuchte die Wand trocken, weil sich auf der Wandoberfläche die für die Kondensatbildung erforderliche niedrige Temperatur nicht einstellt. Der Taupunkt liegt dann nicht mehr auf der Oberfläche der Wand, sondern in der Wand – und dort ist er unbedenklich!

Um Schimmel zu vermeiden, ist zudem regelmäßiges Lüften unabdingbar. Der zum Ausgleich der Luftfeuchte erforderliche Austausch der Raumluft sollte dabei durch kurzes, effizientes Lüften (Stoß- oder Querlüftung) erfolgen. Immer wieder ist zu lesen, dass die Außendämmung das „Atmen der Wand“ verhindern würde. Diese Aussage ist, in aller Deutlichkeit, einfach Blödsinn. Wände „atmen“ auch ohne Wärmedämmung nicht. In ungedämmten Althäusern findet zwar durch Ritzen im Mauerwerk in einem relativ geringen Umfang ein Austausch mit der Außenluft statt.

Viel problematischer für den Schutz vor Schimmelpilz sind aber aufgrund des ungenügenden baulichen Wärmeschutzes niedrige Raumtemperaturen sowie die ungehinderte Auskühlung von Außenbauteilen. Deshalb ist bei Althäusern mit Schimmelpilz die Wärmedämmung üblicherweise die zentrale Sanierungsmaßnahme.

Damit ist das Wesentliche zur Schimmelpilzproblematik erläutert. Wer sich noch intensiver informieren will, empfehle ich die sehr umfangreiche und gut verständliche Internetseite https://wwww.energie-lexikon.info/luftfeuchtigkeit.html.

Festzuhalten bleibt, ein WDVS fördert nicht die Schimmelpilzentstehung, sondern trägt effektiv zur Verhinderung bei. Wenn sich Schimmel bildet, dann nicht wegen eines auf der Außenwand angebrachten WDVS, sondern durch in die Fassade eindringendes Regenwasser oder in der Wand aufsteigende Feuchte des Erdreiches und vor allem durch Wärmebrücken, beispielsweise im Bereich von Fensteranschlüssen.

Ich hoffe, dass ich nun nicht nur meinen Bekannten, sondern auch Sie als  Leser davon überzeugen konnte, dass ein wärmegedämmtes Haus quasi eine Voraussetzung für „schimmelfreies“ Wohnen ist. Mein Ratschlag an alle potentiellen Bauherren und sanierungswilligen Hausbesitzer lautet: Lassen Sie sich in Ihren Entscheidungen nicht von irgendwelchen Schreckensmeldungen beeinflussen und lassen Sie sich bei Fragen zum baulichen Wärmeschutz kompetent beraten.

 

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