Ronny Meyer

Die lieben Kollegen

Ronny Meyer, 08. Oktober 2014

In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung gibt es eine Rubrik mit dem Titel „Die lieben Kollegen“. Auf amüsante Weise wird dort regelmäßig aufgelistet, was die lieben Journalisten-Kollegen vorige Woche so verzapft haben, wer bei wem abgekupfert hat, wer manche Halbwahrheit noch ein wenig mehr verdreht oder wichtige Aspekte einfach unterschlagen hat.

Am Schluss denkt man sich fast immer schmunzelnd „vielen Dank für diesen humorvollen Hintergrund-Beitrag“. Nun würde ich gerne der „FAZ“ einen spannenden Sachverhalt zuspielen. Es geht um den „lieben Kollegen“ Richard Haimann, der als Redakteur der „WELT“ mit uns Bürgern seit Jahren einen ziemlich frechen Schabernack veranstaltet.

Vor ein paar Tagen hat er erneut als Autor an einem elend langen Beitrag mitgewirkt, mit dem er mal wieder zum Thema Fassadendämmung einen aberwitzigen Mix aus bauphysikalischem Unfug, der Werbefigur Ulrich Wickert und der Dämmstoffindustrie zusammenrührte. Die Geschichte von ein paar Journalisten, die uns Bürgern ein ganz dickes Ei ins Nest legen, wird immer wahnsinniger. Haben Sie Lust auf eine wirklich spannende Geschichte? Na, dann lesen Sie mal:

Herr Haimann schrieb im Mai 2011 in der „WELT“ unter der Überschrift „Wenn die Dämmung zu leben beginnt“: „... Häuser, deren Fassaden mit dicken Platten aus Polystyrol, Polyurethan, Glas- oder Steinwolle energetisch saniert wurden, wurden von Monat zu Monat grüner: Denn Algen sprießen an diesen Wärmedämmverbundsystemen oftmals in kurzer Zeit in alle Richtungen.“  

Und dann, herrje, zog Haimann folgenden Schluss: „Wie gravierend das Problem ist, zeigt ein Blick ins Internet: Zur Wortkombination „Algenbefall Fassade“ liefert die Suchmaschine Google 361.000 Treffer.“  Womit Haimann „beweisen“ wollte, dass „Algen“ und „Dämmung“ genauso zusammengehören wie „Schnitzel“ und „Pommes“. Was damals (wie heute) dann folgte, ist ein Text mit dem Tenor „Finger weg von Wärmedämmung, denn Dämmung macht uns krank und die Häuser kaputt.“ Als Fachmann denkt man bei den Haimann-Texten ständig „schlecht recherchiert, wenn auch gut geschrieben“. Was für eine Räuberpistole!

Ich habe heute spaßeshalber in Google „Richard Haimann Journalist“ eingegeben. Google beziffert die Treffer auf „ungefähr 13.300“. Dann habe ich „Ronny Meyer Journalist“ eingegeben: da gibt’s immerhin 2.470.000 Treffer, womit bewiesen wäre, dass das, was ich schreibe, ungefähr 185 Mal richtiger (oder wichtiger) ist als das, was Richard Haimann schreibt. Witzbolde würden jetzt folgende Zeichenkombination hinterherschieben. :-)

Doch ich bin kein Witzbold, sondern ich will aufklären. Also: Richard Haimann hat neben seinen Dämm-Artikeln auch mehrere Bücher geschrieben. Ziemlich genau zu dem Zeitpunkt, als ich im Jahr 2001 das Buch „EnergieEinsparHaus“ veröffentlichte, brachte Haimann zwei Bücher heraus: „Langzeiturlaub – Ein Ratgeber zum Überwintern rund ums Mittelmeer“ und „Das eigene Haus im Süden – 1.000 Tipps zum Immobilienkauf am Mittelmeer“.

Hierüber ist zu lesen: Richard Haimann beschäftigt sich als Journalist, getrieben vom eigenen Wunschtraum, seit Jahren mit dem Thema Immobilienkauf im Ausland.Wer ist denn nun dieser Richard Haimann, der auch noch das Buch „Malta“ geschrieben hat? Der Verlag schreibt: „Als gründlicher Rechercheur beschäftigt er sich seit Jahren mit dem Thema »Urlaub, Leben und Arbeiten in Europas Süden«. Im europäischen Süden hat es ihm Malta besonders angetan: Seit Jahren ist er mit der Insel vertraut, besonders ihre reichhaltige Geschichte fasziniert ihn. Daher erzählt er gekonnt und unterhaltsam Steinzeit-Mythen und Ritter-Geschichten.“

Ja, Herr Haimann, Ihre Dämmstoff-Beiträge sind auch Steinzeit-Mythen und Rittergeschichten (klar, wir brauchen keine Dämmung, wenn wir alle am Mittelmeer überwintern). Mag sein, dass Sie die Insel Malta gründlich recherchiert haben, Ihre Dämm-Beiträge haben Sie aber anscheinend aus dem Bauch heraus geschrieben.

Ich für meinen Teil habe zum Thema Dämmung und energetischer Sanierung mehrere Fachbücher geschrieben, ein Kinderschulbuch und sogar ein Anekdotenbuch mit dem Titel „Abdichtung und Wahrheit“. Grob geschätzt habe ich in den vergangenen 15 Jahren rund 800 Vorträge gehalten und rund 200 Tagesseminare geleitet. Ich schätze, dass ich während dieser Veranstaltungen mit weit über 20.000 Bau-Experten zum Fachdialog zusammengetroffen bin.

Ich gehöre keinem Unternehmen an, das irgendwelche Bauprodukte, Dämmplatten oder Heizungen verkauft. Ich werde weder von der Dämmstoff- noch von der Heizungslobby finanziert. Mein Honorar verdiene ich unter anderem als freier Autor – wie Sie. Allerdings recherchiere ich immer gründlich und schreibe nur über Dinge, von denen ich etwas verstehe.

Vor zwei Wochen saß ich in einem Vortrag bei Helmut Markwort, der ohne Frage zu den herausragenden Journalisten in diesem Land zählt. Es ging in diesem Vortag um „die Macht der Medien“. Dass die Medien eine Macht haben, ist bekannt. Markwort erzählte die Geschichte von „BILD“ und Christian Wulff und dass manchmal Journalisten einen Schritt zu weit gehen würden.

Ich möchte mich hier gar nicht so weit aus dem Fenster lehnen, sondern nur darauf hinweisen, dass auch der „FOCUS“, der einst von Markwort gegründet wurde, sich dieser Tage – vergleichbar mit Haimann –  als „Dämm-Aufklärer“ mit den alten Irrtümern in Szene setzte. Als Markwort vor zwei Wochen den Zerfall des „Qualitätsjournalismus“ beklagte und die „FAZ“ und den „FOCUS“ als letzte wichtige Instanz der Print-Medien hervorhob, dachte ich nur: „Wie erklärt man das, was sich tatsächlich abspielt, in wenigen Worten?“ Lieber Herr Markwort, Sie hätten die Macht, hier im Sinne der Bürger ein „Markwort“ zu reden. Denn auch die „FAZ“ und der „FOCUS“ haben sich zumindest beim Thema „Wärmedämmung“ vom Qualitätsjournalismus längst verabschiedet.

„FAZ“, „WELT“ und viele andere listen seit Jahren zig Argumente gegen die Wärmedämmung auf. Ich halte hier nur vier Sätze dagegen: Erstens: Fassadendämmung funktioniert – seit den 1970er Jahren bewiesen. Zweitens: Ordentlich angebracht und regelmäßig gepflegt, hält sie schadensfrei ein Leben lang. Drittens: Sie ist für sehr viele Altbauten die beste, preiswerteste und sinnvollste Sanierungs-Maßnahme, um Heizenergie zu sparen und Behaglichkeit im Haus herzustellen. Viertens: Sie hilft, das Klima zu schützen.

Natürlich gibt es auch schadhafte Fassaden. Das ist wie mit dem Autofahren: Wenn man nicht aufpasst, kann es scheppern. Wer beim Fensterputzen auf einer wackeligen Leiter steht ... und so weiter. Also: Machen wir’s künftig richtig und vernünftig: Fachleute informieren, Fachleute führen aus. Dann kann nichts passieren. Wärmedämm-Experten kümmern sich dabei um das eine Thema, Mittelmeer-Fans erläutern das andere Thema.

Wer sich über die Wärmedämmung fachlich richtig informieren möchte, dem empfehle ich aus aktuellem Anlass einen unserer Info-Abende zu besuchen (Termine unter www.modernisierungsoffensive.com) oder die neue Broschüre „Wärmedämmung – spricht was dagegen?“ von der Verbraucherzentrale in Rheinland-Pfalz. Die Broschüre kann unter www.vz-rlp.de/AntwortenWaermedaemmung herunter geladen werden.

Das sollte übrigens DRINGEND auch der liebe Kollege Richard Haimann tun. Dann hätte er nämlich Stoff für einen neuen Beitrag, der dann eventuell – richtig recherchiert – darauf hinweist, dass massive Wände trotz ihrer Wärmespeicherfähigkeit nicht besser sind als Wärmedämmung. Diesen Sachverhalt erläutert die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz mit einem hervorragenden Bild: Was hält mehr warm? Eine schwere, massive Ritterrüstung oder eine leichte Daunenjacke? Womit wir wieder bei den Rittern angekommen wären. :-)

 

Kommentare  

Klaus Leichtert Sonntag, 05. Juli 2015 12:05
Auch jetzt schreibt dieser Richard Haimann noch unglaublichen Blödsinn. Schlimmer, er informiert falsch. In der "Welt" http://www.welt.de/finanzen/immobilien/article143277104/Der-Ostsee-Blick-ist-kaum-noch-zu-bezahlen.html lobpreist er den Erwerb von Ferienimmobilien in Meck-Po. Mit keinen Wort erwähnt Richard Haimann, dass im Bundesland Meckl-Vo wie auch S/H die Verwaltungsegrichte das Vermieten von Ferienimmobilien verboten haben. Nachzulesen hier http://www.landesrecht-mv.de/jportal/portal/page/bsmvprod.psml;jsessionid=0.jp35?showdoccase=1&doc.id=MWRE140002554&st=ent Es ist empörend, dass Richard Haimann womöglich Investoren in eine Falle lockt. Denn wer Ferienimmobilien erwirbt und sie nicht als solche nutzen kann ist gezwungen, Langzeitmieter zu finden. Das wird aber schwierig sein. Überhaupt ist mir die "Welt" mehrfach wegen ngrober Falschinformationen zum Immobilienmarkt aufgefallen.
Arnold Drewer Mittwoch, 15. Oktober 2014 13:58
wie immer: ein toller Artikel. Wird nur - wahrscheinlich - nicht von denen gelesen (oder verstanden), die es wirklich angeht. Leider. Ich warte übrigens immer noch auf eine Antwort von KF zum "Paderborner Experiment" (6 verschieden gedämmte - oder auch nicht - Holzkisten im Winter mit Elektroheizung und Stromzähler). Vielleicht sollte man oben erwähnte Medien-Leute dazu einladen? Vorher. Damit a) eine gewisse Publizität gewährleistet ist und man sich 2. nicht vorwerfen lassen muss, man hätte getrickst.
energie-experten.org Mittwoch, 15. Oktober 2014 13:19
Sehr guter Artikel! Aber auch der Chefredaktion muss man bei sonem Unfug einen Vorwurf machen.

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