Armin Scharf

Denkmalschutz muss Zukunftssicherheit ermöglichen

Armin Scharf, 21. Mai 2013

Der Erhalt historischer Bauwerke ist gesellschaftlich wichtig, weil sie helfen, unsere Identität, unseren kulturellen Kontext nicht aus den Augen zu verlieren. Doch Denkmalschutz darf nicht zum Selbstzweck werden, sondern muss die heutigen Realitäten berücksichtigen. Etwa beim Wärmeschutz.


Wer betrachtet nicht gerne alte Schlösser mit barocken Giebeln oder den typischen Fassaden der Renaissance? Wer lässt sich nicht vom ästhetischen Reiz der klassischen Moderne begeistern oder ist von urbanen Fachwerkensembles beeindruckt? Baudenkmäler leisten einen wichtigen Beitrag zu unserer kulturellen Identität – sie sind Zeichen aus der Vergangenheit und sagen uns, woher wir kommen. Genau das ist in Zeiten der globalisierten Beliebigkeit und des internationalisierten Mainstreams wichtiger denn je. Und damit sind die Mittel zum Erhalt von Bauten, deren normale Lebensdauer schon lange überschritten sein dürfte, gut angelegt. Umso mehr, da alt und neu meist symbiotisch zusammenfinden und sich in den historischen Wänden zeitgemäßes Leben entfalten kann.


Es gibt aber auch eine Tendenz im Denkmalschutz, die man vielleicht hyperakademisch nennen kann, weil sie Baudenkmäler zu sakrosankten Relikten erklärt und damit die Weiternutzung im extremen Fall unmöglich macht. Erstaunlicherweise können vor allem private Bauherren davon ein leidiges Lied singen, während bei öffentlichen Projekten die Stimmen der Denkmalschützer ungehört im Brummen der Abrissbagger untergehen. Natürlich sollten Bauherren nicht nach eigenem Gusto mit wertvollen Relikten verfahren (dürfen) – doch kann es auch nicht sein, dass Denkmalschutz eine neue Nutzung verhindert und Objekte ungenutzt vor sich hinrotten, um dann irgendwann vollends verloren gehen.


Sinnvolle Nutzung bedeutet, dass sich die Standards den heutigen Maßstäben anpassen. Niemand will in einem Gebäude arbeiten, wohnen oder lernen, das sich kaum heizen lässt, das der Zugluft huldigt, in dem die Decken vibrieren, akustische Trennungen unbekannt sind oder die Sanitärsituation sich spartanisch bis unappetitlich darstellt. Verhindert aber der Denkmalschutz das Upgrade, führt er sich ad absurdum und produziert entweder kaum bezahlbare Museen ihrer selbst oder die Ruinen von morgen. Denn die wenigsten privaten oder gewerblichen Bauherren dürften in der Lage sehen, Auflagen und notwendige Investmentrendite in Einklang zu bekommen.


Nur ein Teilaspekt, aber ein immer wiederkehrender, bilden die energetischen Aspekte, vor allem die Dämmung der Außenhülle scheint unlösbar zu sein. Kritiker tischen dabei stets das Bild überdämmter Fachwerkfassaden auf, wähnen die Wärmedämmung als Tod aller Kultur. Das freilich ist so wenig neu wie intelligent, denn selbstverständlich sind beide Interessen vereinbar – natürlich nicht per Griff in den Koffer der Patentrezepte, sondern durch eine behutsame und gebäudespezifische Annäherung. Heute stehen Materialien zur Verfügung, mit denen sich auch Fassaden aus Fachwerk oder historistischen Ornamenten optimieren lassen. In der Nürnberger Altstadt etwa erhielt ein Gebäude seine denkmalgerechte Fachwerksichtigkeit zurück und entspricht dennoch den Vorgaben der EnEV 2009. Das zentrale Element dabei spielten Dämmelemente aus der Rohrkolbenpflanze für die Ausfachung und ein kalkbasierter Außenputz, der mit den Samenschirmchen der gleichen Pflanze armiert wurde.


Selbst die industriellen Dämmtechnologien lassen heute ein denkmalkompatibles Vorgehen zu. Zum Beispiel mittels Innendämm-Systemen, die das bisherige Problem der Feuchtestaus im Griff haben und dank Aerogel-Elementen nur wenige Zentimeter dick sind, also Räume nur minimal verkleinern. Und weil bei vielen historischen Gebäude nur die Schauseite aufwändige Gliederungen aufweist, lässt sich an den übrigen Fassaden eine Außendämmung erwägen, während „nach vorne“ eine Innendämmung die erste Wahl sein dürfte.

Nur: Es muss eben nachgedacht werden und der Mut zu anderen Wegen da sein. Denkmalschutz, der nur retrospektiv orientiert ist, tut sich da schwer und verhindert letztendlich vielleicht sogar, dass alte Bauten ihren Platz im Alltag finden. Inklusion nennt man das in anderen Bereichen.

 

Kommentare  

Tobias Dienstag, 17. September 2013 23:32
Hallo! Kein wunder das hier kein Kommentar steht. Bei einem Artikel der viel zu wenige Hintergrundinformationen vermuten lässt, schüttelt man nur mit dem Kopf. wir brauchen die Befreiung von der ENEV damit bewiesen werden kann Sie ein Irrweg ist. Außerdem hört man hier wieder nur die üblichen Vorurteile die nicht der Warheit entsprechen. absolut einseitig und unqualifiziert eines der Grundziele der Baudenkmalpflege ist die Ermöglichung einer Weiternutzung um die geschichte Lebendig zu halten!

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