Denkmal versus Energieeffizienz?
Wer abreißt, vernichtet Ressourcen, Identität und ein Stück des kollektiven Gedächtnisses. Zumindest, wenn es sich dabei um Bauten mit prägendem Charakter handelt, die konsequenterweise unter Denkmalschutz stehen.
Der aber wird immer häufiger in Frage gestellt – auch mit dem vorgeschobenen Hinweis auf nicht realisierbare Energieoptimierungen.
Der Denkmalschutz hat es schwer. Denn zur Zeit tobt der Abrissfuror so heftig wie schon lange nicht mehr durch die Republik, vor allem die wachsenden Groß- und Mittelstädte heimsuchend. Und er macht schon lange nicht mehr vor jenen Gebäuden halt, die prägende Bedeutung für das Gemeinwesen haben, lokale Identität stiften und direkte Bezüge zu unseren Altvorderen herstellen. Das ist gut, bringt aber keine Rendite. Also werden mit dem zweifelhaften Segen von Verwaltung oder Politik die Zeugnisse der Vergangenheit kurzerhand eliminiert, um an ihrer Statt „Modernität“ entstehen zu lassen. Gutachten, die Sanierungen als unwirtschaftlich oder gänzlich unmöglich darstellen, tun das ihre hinzu.
Dass es auch anders geht, zeigen zahlreiche Beispiele sanierter Bestandsbauten mit oder ohne Schutz, mit längerer oder kürzerer Vergangenheit. Oft sind es private Bauherren, die hier mit viel Sensibilität und Knowhow das schaffen, was große Investoren anscheinend nicht stemmen können – nämlich historische Authentizität mit zeitgemäßen Anforderungen der Nutzung, der Haustechnik, des Komforts und auch des Energiebedarfes zu verbinden. Intelligente Umnutzung haucht siechen Gebäudeveteranen ohne Verwendung pulsierendes Leben ein, das auf aktuellste Standards nicht verzichten muss.
Das gilt auch für die energetische Seite. Die Bauindustrie hält heute Sanierungssysteme bereit, die auch den besonderen Anforderungen historischer Bausubstanz gerecht werden. Voraussetzung allerdings ist ein dezidiertes energetisches Konzept, das den Ist-Zustand erfasst, die bauphysikalischen Besonderheiten herausarbeitet und daraus dann ein machbares Ziel definiert.
Energieberater, spezialisierte Architekten und erfahrene Fachhandwerker arbeiten idealerweise Hand in Hand, um so auch unvorhersehbare Probleme direkt zu lösen. Darin ausdrücklich enthalten sein sollte auch die Frage, wie die Gebäudehülle dämmtechnisch optimierbar ist. Oft wird die Außendämmung der Fassade nur mit einem Originalitätsverlust machbar sein und damit ausscheiden. Eine Alternative könnten dann die neuartigen Innendämmsysteme darstellen, die geringe Aufbauhöhen mit großer Effizienz verbinden. Oder innovative Heizsysteme zur gezielten Temperierung einzelner kritischer Wandbereiche.
Dass im Zuge der energetischen Analyse die gesamte Hülle einschließlich der Wärmeproduktion im Blick sein sollte, versteht sich dabei von selbst. Denn alte Gebäude können schon mal recht eigenwillig auf einzelne, unsensibel applizierte Maßnahmen reagieren und dabei substanziellen Schaden nehmen.
Übrigens: Sanierungen sind fast immer wirtschaftlicher als Neubauten. Abriss verwandelt wertvolle Ressourcen in Abfall und der Ersatzbau verschlingt neue Rohstoffe, verzehrt neue Energie und produziert abermals Abfall. Und: Abriss vernichtet das kollektive Gedächtnis unwiederbringlich.