Die Förderpolitik hat die Quartiere entdeckt. Die KfW-Bankengruppe bezuschusst inzwischen die Erstellung von energetischen Quartierskonzepten mit bis zu 65 Prozent, dazu wird noch ein Sanierungsmanager bezahlt.

Auch das Land Baden-Württemberg unterstützt zahlreiche Modellprojekte, die die Möglichkeiten der energetischen Sanierung auf Quartiersebene aufzeigen sollen. Allein im beschaulichen Freiburg haben wir mit Kraftwerk Wiehre und Energie-Quartier Haslach momentan zwei innovative Projekte, die sich des Themas angenommen haben. Quartiere sind in. Und das zu Recht.

Unter einem Quartier versteht man mehrere flächenmäßig zusammenhängende Gebäude (privat und/oder öffentlich) inklusive der öffentlichen Infrastruktur. Ein Quartier entspricht einem Gebiet unterhalb der Stadtteilgröße. Mit einem Quartierskonzept verlässt man die Ebene des einzelnen Bauherren. Früher hat man viel Zeit darauf verwendet, den individuellen Hausbesitzer mit „Mund-zu-Mund-Beatmung“ davon zu überzeugen, dass er sein Haus sanieren sollte. Nun werden Akteursgruppen, nämlich die Einwohner eines Quartiers, angesprochen.

Das ist vielversprechend, wenn man Sanierungspotenziale erschließen will. Denn bei der energetischen Sanierung geht es vor allem auch darum, eine Stimmung zu erzeugen nach dem Motto: „In meinem Stadtteil passiert etwas, da muss ich dabei sein.“ Eine zentrale Rolle spielt dabei die Kommunikation mit der Zielgruppe. Die Quartiersebene ist genau der richtige Rahmen, um die verschiedenen Sanierungsthemen ins Gespräch zu bringen oder in der Diskussion zu halten. Im Idealfall schafft man es, eine Aufbruchsstimmung im ganzen Quartier zu erzeugen.

Das Thema Sanierung kann ansteckend wirken. Und das muss es auch, wenn wir endlich flächendeckend vorankommen wollen. Wir brauchen eine Art „Sanierungs-Bewegung“, eine Beschleunigung der Sanierungsaktivitäten, die ganze Straßenzüge ins Auge fasst. Eine solche Bewegung ist mit einzelnen Leuchtturmprojekten schlicht nicht ins Rollen zu bringen.

Ein weiterer Vorteil: Die Bürger können auf Quartiersebene sehr gut eingebunden werden, denn dort ist die Flughöhe der Konzepte noch so hoch wie bei einem Klimaschutzkonzept für die ganze Stadt, die Bürger können sich mit den vorgeschlagenen Maßnahmen identifizieren. Zudem kennen sich die Akteure gegenseitig, das vereinfacht die Zielgruppenansprache und schafft viele Synergien.

Der Bürgerverein vor Ort ist häufig der wichtigste Multiplikator, um die Sanierungsthemen in die Diskussion zu bringen. Auch inhaltlich gesehen macht die Informationsarbeit auf Quartiersebene Sinn. In den Quartieren fokussieren sich häufig die Zielgruppen. So sind in manchen Straßenzügen die Wohnungseigentümergemeinschaften vorherrschend, dann kann man die Kommunikation auf deren Bedürfnisse ausrichten.

Oder man hat ein Gebiet mit Reihenhäusern, deren Besitzer alle die gleichen Fragestellungen umtreiben. Auch hier stecken sich die Akteure im Idealfall gegenseitig an, hat sich das Thema erst einmal in den Köpfen festgesetzt.

Und nicht zuletzt ist das Handeln auf Quartiersebene auch technisch vorteilhaft. Denn beim gemeinschaftlichen Handeln jenseits des Einzelobjekts entstehen durch gemeinschaftliches Handeln häufig vorteilhafte Optionen. Dabei kommen vor allem drei Themen in Frage: Versorgungsverbünde für die Wärmeversorgung von Gebäuden, eine Sanierung der Gebäudehülle oder der Heizung sowie Einkaufs- oder Betreibergemeinschaften für Photovoltaik.

Die Herausforderung besteht bei allen dreien darin, dass diese Projekte komplett neuartig sind. Im Vergleich zur Sanierung von einzelnen Objekten muss man damit rechnen, dass neben technischen und wirtschaftlichen Fragen vor allem organisatorische und rechtliche Fragen in den Mittelpunkt rücken.

In Quartieren kann man z.B. Sanierungsmaßnahmen an mehreren Gebäuden gemeinsam durchführen und Hausbesitzer zum gemeinschaftlichen Handeln motivieren – z.B. bei der Dämmung von Dach oder Außenwand. Bei der Gebäudestruktur in vielen Stadtteilen bietet sich dies geradezu an. Es gibt dort häufig viele baugleiche Reihenhäuser, die ein ähnliches Baujahr haben. Wenn die Hausbesitzer dann gemeinsam Dämmmaterialien einkaufen, können sie so richtig Geld sparen. Auch bei der Planung kann man sparen, indem man sich den Architekten teilt.

Ähnliche Vorteile bietet quartiersorientiertes Handeln beim Thema Photovoltaik. Potenziale von Dachflächen können in Gemeinschaftsprojekten häufig schneller und leichter erschlossen werden. Häufig gibt es viele freie Dächer, die aber sehr kleinteilig sind. Dann bietet sich der gemeinschaftliche Ansatz extrem an. Wenn man sich z.B. ein gemeinsames Angebot für die PV-Module machen lässt, setzt schnell der Skaleneffekt ein und kann man recht einfach Kosten sparen.

 

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